Medizinische Versorgung der Opfer des Amoklaufs

Pressemitteilung

Nach dem tragischen Amoklauf am BORG DreierschĂŒtzengasse in Graz informieren die Ă€rztlichen Direktoren des LKH-Univ. Klinikum Graz, des LKH Graz II/Standort West sowie des UKH Steiermark, Standort Graz gemeinsam mit Vertretern der Landesregierung ĂŒber die medizinische Versorgung der Opfer. Der koordinierte Einsatz der RettungskrĂ€fte, die schnelle Reaktion der SpitĂ€ler und die enge Zusammenarbeit aller beteiligten Institutionen haben in einer Ausnahmesituation Enormes geleistet. Die Landesregierung dankt allen EinsatzkrĂ€ften, Ärztinnen und Ärzten, PflegekrĂ€ften und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MTD-Gesundheitsberufe, denn „Hilfe ist Teamarbeit.”

Medizinische Versorgung

Unmittelbar nach der Alarmierung wurde der Versorgungsplan fĂŒr einen Massenanfall von Verletzten aktiviert, sodass in den steirischen SpitĂ€lern umgehend VersorgungskapazitĂ€ten in den OperationssĂ€len und Intensivstationen freigemacht wurden. Dies erfolgte durch die Verschiebung nicht dringender Operationen. Am LKH-Univ. Klinikum Graz, dem LKH Graz II/Standort West sowie dem UKH Steiermark, Standort Graz wurden zudem rund ein Dutzend Ärztinnen und Ärzte und ĂŒber 50 PflegekrĂ€fte kurzfristig in den Dienst geholt. Zahlreiche weitere blieben nach Dienstschluss, um bei der Versorgung der Opfer zu helfen. Bereits wenige Stunden spĂ€ter konnte in den SpitĂ€lern wieder der Normalbetrieb aufgenommen werden.

Ärztliche Direktoren der Grazer SpitĂ€ler und fĂŒhrende Landespolitiker am Podium bei der Pressekonferenz
Pressekonferenz zur medizinischen Versorgung der Opfer des Amoklaufs in Graz; v.l.n.r: Wolfgang Köle, Ärztlicher Direktor LKH-Univ. Klinikum Graz, Gesundheitslandesrat Karlheinz KornhĂ€usl, LH Mario Kunasek, LH-Stv. Manuela Khom, Michael Lehofer, Ärztlicher Direktor LKH Graz II und Christian Kammerlander, Ärztlicher Direktor UKH Steiermark-Standort Graz | © Foto: Land Steiermark/Andreas Resch; bei Quellenangabe honorarfrei

LKH-Univ. Klinikum Graz

Der Einsatzablauf am 10. Juni entsprach einem definierten internen Krisenplan: Nachdem um 10:08 Uhr der erste Voralarm am ZAM eingegangen war, wurde vom „Manager of the Day” sofort das AnĂ€sthesie- und das Traumateam verstĂ€ndigt sowie die Direktion informiert, die in der Folge den klinikumsinternen Krisenstab einberufen hat. Dieses Gremium nahm u. a. eine Bestandsaufnahme der vorliegenden Ressourcen am ZAM sowie an der Univ.-Klinik fĂŒr Kinder- und Jugendchirurgie vor – sowohl hinsichtlich der verfĂŒgbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch der rĂ€umlichen KapazitĂ€ten. Um weitere Ressourcen zu schaffen, sind dann ĂŒber einen Alarmserver Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontaktiert worden. Auf diese Weise konnten 30 zusĂ€tzliche PflegekrĂ€fte fĂŒr die Versorgung der Opfer rekrutiert werden, auf Ă€rztlicher Seite wurde das bestehende Team von Kolleginnen und Kollegen unterstĂŒtzt, die nach Dienstschluss am Uniklinikum geblieben waren. Um mehr OP-KapazitĂ€ten fĂŒr die Versorgung der Verletzten zur VerfĂŒgung stellen zu können, wurden zudem alle an diesem Tag geplanten Eingriffe gestoppt, auch Intensivbetten wurden freigehalten. Somit war man bestmöglich fĂŒr das Eintreffen der Verletzten vorbereitet. „Um 10:44 Uhr sind die ersten Patientinnen und Patienten am Uniklinikum eingetroffen, alle wurden in den SchockrĂ€umen versorgt und anschließend direkt in die OPs gebracht”, erklĂ€rt der Ärztliche Direktor.

FĂŒr die Betroffenen sowie deren Angehörige stand zu dem Zeitpunkt auch bereits das klinikumsinterne Kriseninterventionsteam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klinischen Abteilung fĂŒr Medizinische Psychologie, Psychosomatik und Psychotherapie zur VerfĂŒgung. Zudem hatte man fĂŒr die GesprĂ€che mit den Angehörigen eigene Ruhezonen geschaffen. Das Team – bestehend aus Klinischen Psychologinnen und Psychologen, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und FachĂ€rztinnen und FachĂ€rzten fĂŒr Psychiatrie – betreute in der Folge auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. tut es bei Bedarf nach wie vor. 

„Denn auch fĂŒr unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war dieser Einsatz eine absolute Herausforderung und Ausnahmesituation, die sie aber in jeder Sekunde wirklich mit hoher ProfessionalitĂ€t und mit vollem Fokus auf jeden einzelnen Verletzten gemeistert haben. Ich darf mich an dieser Stelle nochmals ganz herzlich bei allen, die involviert waren bzw. es nach wie vor sind, bedanken”, sagt Köle. Wichtig ist ihm, zu betonen, dass das ZAM zu keinem Zeitpunkt ĂŒberlastet gewesen ist. „Nachdem alle Verletzten entsprechend versorgt wurden, konnte das OP-Programm ab 13 Uhr stufenweise wieder aufgenommen werden. Alle fĂŒr diesen Tag geplanten Eingriffe fanden daher statt”, so der Ärztliche Direktor des Uniklinikum.


 

AUVA UKH Steiermark, Standort Graz

Im UKH Steiermark in Graz wurden bei diesem Einsatz vier Patientinnen und Patienten, teilweise mit Schussverletzungen, zeitgleich aufgenommen. Alle vier Patientinnen und Patienten sind seit Mittwoch stabil, Folgeoperationen sind noch bei zwei Personen, die Verletzungen an Knie und im Gesicht aufweisen, nötig. FĂŒr das gesamte UKH wurde am Dienstag, wie in solchen FĂ€llen ĂŒblich, der Notfallalarm ausgelöst, sodass auch Personal außerhalb der Dienstzeiten mobilisiert wird. 

„Die Bereitschaft aller Mitarbeitenden ist beeindruckend – sie kommen freiwillig, um zu helfen. DafĂŒr möchte ich mich auch auf diesem Wege herzlich bedanken. Insgesamt haben wir ĂŒber 30 Personen, 10 Ärzte, 16 PflegekrĂ€fte und weiteres medizinisches Pflegepersonal hereingeholt. Als SpitalstrĂ€ger legt die AUVA großen Wert darauf, Extrem-Szenarien wie diese regelmĂ€ĂŸig zu trainieren, sodass im Ernstfall alle RĂ€der ineinandergreifen. Dennoch: Trotz aller ProfessionalitĂ€t war und ist die Situation fĂŒr unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter emotional sehr belastend. Wir lassen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jede psychologische UnterstĂŒtzung zukommen, die sie jetzt und in nĂ€chster Zeit benötigen. Gleichzeitig ist es wichtig, den anderen Patientinnen und Patienten verstĂ€ndlich zu machen, warum ihre Behandlung verschoben werden muss. Alle Patientinnen und Patienten, deren Behandlungen wir verschieben mussten, haben aufgrund der Situation großes VerstĂ€ndnis gezeigt", so der Ă€rztliche Direktor des UKH Steiermark, Christian Kammerlander.


 

LKH Graz II, Standort West

„Vielen Dank allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Kooperationspartnern fĂŒr ihren außerordentlichen Einsatz. Im LKH Graz II, Standort West wurden in Folge des tragischen Ereignisses zwei verletzte Personen versorgt. Eine Person wurde nach der Erstbehandlung in enger Abstimmung mit unseren Kolleginnen und Kollegen ins benachbarte UKH Graz weiterverlegt. Eine weitere Person wurde intensivmedizinisch und chirurgisch bei uns behandelt, befindet sich in stabilem Zustand und wurde nun ebenfalls aus einer sozialen Überlegung heraus zu den verletzten Personen ins UKH ĂŒberstellt", betont Michael Lehofer, Ärztlicher Direktor LKH Graz II. Die Versorgung umfasste eine sofortige Aufnahme in der Notfallambulanz, klinische und bildgebende Diagnostik – darunter Untersuchungen von Thorax, Abdomen und Becken –, eine umfassende Wundversorgung sowie operative Eingriffe und intensivmedizinische Betreuung. Die AblĂ€ufe konnten rasch und koordiniert umgesetzt werden, da das NotĂ€rzteteam des LKH Graz II, Standort West bereits direkt am Vorfallsort in die Erstversorgung eingebunden war. 

Die Versorgung selbst war das Ergebnis einer hochprofessionellen Teamleistung. Beteiligt waren neben der Notfallambulanz auch die Abteilungen fĂŒr AnĂ€sthesie, Chirurgie und Radiologie sowie die klinische Psychologie. Auch die gute Zusammenarbeit mit dem UKH Steiermark, Standort Graz hat in dieser Ausnahmesituation wesentlich zum Behandlungserfolg beigetragen. Die Ressourcenaktivierung erfolgte im Rahmen des Katastrophenschutzplans. Dabei wurden umgehend zusĂ€tzliche PflegekrĂ€fte – insgesamt 15 Personen – in den Dienst geholt. 

„Solche Ereignisse stellen das medizinische Personal vor außergewöhnliche Herausforderungen – nicht nur fachlich, sondern auch menschlich. Einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden dabei auch persönlich zu Betroffenen. Ihnen allen gilt unser tiefes MitgefĂŒhl und unsere ausdrĂŒckliche UnterstĂŒtzung“, so Lehofer. Zur psychologischen Entlastung wurden unmittelbar GesprĂ€che vor Ort gefĂŒhrt. Das Kriseninterventionsteam (KIT) war rasch im Einsatz, ebenso wie speziell ausgebildete Mitarbeiterinnen im Bereich CISM, die als sogenannte PEERS Kolleginnen und Kollegen im Umgang mit belastenden Situationen begleiten. DarĂŒber hinaus stehen Coaching- und Supervisionsangebote sowie bewĂ€hrte Instrumente der StressbewĂ€ltigung im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung zur VerfĂŒgung.


 

Psychosoziale Betreuung in großem Umfang angelaufen

Parallel zur medizinischen Versorgung wurde am Tag des Geschehens ein breites psychosoziales UnterstĂŒtzungsangebot, etwa durch Helferinnen und Helfer des Kriseninterventionsteams des Landes Steiermark, aktiviert. ErgĂ€nzt wurde das Angebot durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kummernummer, die in kĂŒrzester Zeit aktiviert wurde. Auch in den folgenden Tagen stehen spezialisierte Teams fĂŒr EinzelgesprĂ€che, Schulbesuche und Trauerbegleitung zur VerfĂŒgung. Das Psychiatrische Krisentelefon Psy-Not wurde seit Dienstag von 120 Personen, darunter direkt sowie nicht direkt Betroffene, zum Thema Amoklauf/Ängste etc. kontaktiert. Die Erfahrungen aus anderen vergleichbaren Ereignissen zeigen, dass mit einer wesentlich massiveren Reaktionswelle erst verzögert und zeitlich abgesetzt vom Ereignis zu rechnen ist. Der telefonische Krisendienst Psy-Not wird seit 2022 als Callcenter unter der Telefonnummer 0800 44 99 33 umgesetzt. Außerdem steht flĂ€chendeckend in sĂ€mtlichen Regionen der Steiermark, das kostenfreie und niederschwellige Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsangebot der Psychosozialen Dienste Steiermark zur VerfĂŒgung. (www.plattformpsyche.at)

 

Statements

Landeshauptmann Mario Kunasek: „Die Menschen in der Steiermark können sich auf unsere Einsatzorganisationen, Ärzte, PflegekrĂ€fte und Psychologen verlassen. Das hat sich beim Amoklauf in Graz einmal mehr gezeigt. Die gesamte Rettungskette hat – beginnend mit dem Einsatz der Polizeieinheiten ĂŒber die medizinische Versorgung bis hin zur psychologischen Hilfestellung – hervorragend funktioniert. Dadurch konnte noch Schlimmeres verhindert werden. DafĂŒr möchte ich mich von ganzem Herzen bei allen Beteiligten bedanken. Es ist gut zu wissen, dass man auch in Ausnahmesituationen auf die EinsatzkrĂ€fte, das medizinische Personal und die psychologische Betreuung zĂ€hlen kann. Neben der medizinischen Betreuung geht es auch um die seelische. Verarbeiten wir gemeinsam das Erlebte! Ich bitte alle, die Hilfe brauchen, diese auch in Anspruch zu nehmen. Ich hoffe, dass sich alle Betroffenen, die noch medizinisch oder psychologisch betreut werden, so rasch wie möglich wieder körperlich und seelisch erholen können. Gemeinsam werden wir diese schwierige Zeit meistern.”


Landeshauptmann-Stv. Manuela Khom: „Es ist einfach unbegreiflich, welche Tragödie sich dieser Tage in unserem Land ereignet hat. Aber gerade in den dunkelsten Stunden sind es die Hilfsbereitschaft und der spĂŒrbare Zusammenhalt, die uns Hoffnung und Trost spenden. Deswegen möchte ich mich bei allen helfenden HĂ€nden bedanken, die unermĂŒdlich daran arbeiten, das entstandene Leid zu lindern und die schrecklichen Ereignisse aufzuarbeiten. Es wurde umgehend damit begonnen, ein breites psychologisches UnterstĂŒtzungsangebot zu aktivieren, um Betroffenen bei ihren enormen seelischen Schmerzen beizustehen. Spezialisierte Teams des Kriseninterventionsteams verstĂ€rkt durch die Psychosozialen Dienste stehen im Einsatz, um zu helfen. Denn keine Steirerin und kein Steirer ist mit dieser Situation alleine. Deswegen bitte ich alle, die unter seelischen Schmerzen leiden und Hilfe brauchen, das Hilfsangebot in Anspruch zu nehmen. In den tragischen Zeiten wird uns umso stĂ€rker bewusst, was unser Land ausmacht: Zusammenhalt und das Bewusstsein, dass wir Herausforderungen nur geeint im Miteinander begegnen können.”


Gesundheitslandesrat Karlheinz KornhĂ€usl: „Die letzten Tage haben auf erschĂŒtternde Weise gezeigt, wie verletzlich unsere Gesellschaft ist - aber auch, wie stark sie sein kann, wenn Menschen zusammenhalten. Als ehemaliger Notarzt weiß ich, was das steirische Gesundheitswesen in diesen dunklen Stunden geleistet hat. Menschen haben ihre Dienste verlĂ€ngert, wurden aus der Freizeit aktiviert, haben OP-SĂ€le freigemacht und alles andere hintenangestellt, um zu helfen. Diese Einsatzbereitschaft berĂŒhrt mich tief und zeigt, dass unser System nicht nur organisatorisch funktioniert, sondern auch menschlich getragen ist. Ich danke jedem und jeder Einzelnen, die in dieser Ausnahmesituation mitgeholfen haben, Leben zu retten, zu stabilisieren und seelisch zu unterstĂŒtzen. In diesen dunklen Stunden braucht es das Licht des Miteinanders. Und das Licht des Miteinanders strahlt hell!” 


Ärztlicher Direktor UKH Steiermark, Christian Kammerlander: „Dank eines koordinierten Systems konnten wir jederzeit den Überblick behalten, wie viele Schwerverletzte zu versorgen sind und wohin sie gebracht werden. Es zeigt, wie wichtig ein funktionierendes, trĂ€gerĂŒbergreifendes, öffentliches Gesundheitswesen ist.”


Ärztlicher Direktor LKH-Univ. Klinikum Graz, Wolfgang Köle: „Insgesamt sind sieben Personen am Zentrum fĂŒr Akutmedizin (ZAM) und auf der Univ.-Klinik fĂŒr Kinder- und Jugendchirurgie des LKH-Univ. Klinikum Graz versorgt worden. Aktuell befinden sich vier Personen auf Intensivstationen, zwei konnten bereits auf Normalstationen verlegt werden. Ein Opfer ist leider verstorben.”


Ärztlicher Direktor LKH Graz II, Michael Lehofer: „Unsere Gedanken gelten den Familien der Opfer und den Verletzten sowie allen von diesem traumatischen Erlebnis betroffenen Personen. Ein Ereignis wie dieses erschĂŒttert nicht nur die Öffentlichkeit, sondern berĂŒhrt auch diejenigen emotional, die im Gesundheitswesen tagtĂ€glich fĂŒr andere da sind. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen fĂŒr ihren raschen, professionellen und empathischen Einsatz. Unsere professionelle Verantwortung wollen wir aber auch am Standort SĂŒd ĂŒbernehmen. Deshalb bieten wir an der Kinder- und Jugendpsychiatrie fĂŒr emotional belastete Kinder und Jugendliche tĂ€gliche Sondersprechstunden an.”

RĂŒckfragehinweis fĂŒr Medien

 

FĂŒr MedienrĂŒckfragen steht Ihnen als Verfasserin bzw. Bearbeiterin dieser Information, Frau Sabine Jammernegg telefonisch unter +43 (316) 877-2999, bzw. Mobil: +43 (676) 86662999, per Fax: +43 (316) 877-2294  oder per E-Mail: sabine.jammernegg@stmk.gv.at zur VerfĂŒgung.